Auszug aus den Performances seit 1998


Foto der Performance "Die Greisin stillen" - Poesie der Menschlichkeit, 1999

Die Greisin stillen - Poesie der Menschlichkeit, 1999

Marie-Luise

Ich sitze auf einem Stuhl, andächtig. Ich bewege mich während der gesamten Performance nicht viel. In meinem Arm liegt die 93-jährige Frau. In diesem meditativen Zustand erlaube ich der Greisen, sich an meinem Busen zu nähren, wie es die Alten in der Legende „Die Bürger von Calais“ bei einer ihrer Mitgefangenen durften. So hatten die gefangenen Bürger doch noch Nahrung; es gab für sie etwas, was ihnen Kraft spendete, die Gefangenschaft zu bestehen. Der Feind ahnte von dieser Quelle nichts. Der Wille der gefangenen Bürger wurde, dank der sie nährenden Frau, unter ihnen nicht gebrochen. Ihr Ausharren schützte die ganze Stadt und gab ihr Zeit, sich zu dem Schlag zu rüsten, der den Feind vernichten sollte.

 

Mathilde

Sie ist nackt. Sie ist still, nährt sich. Anschließend sagt sie: „Es ist schön, noch mal im ,Hier‘ und ,Jetzt‘ zu leben. Ich habe die schönen Künste immer geliebt und lange keine sinnliche Zuwendung erfahren.“ Ich freue mich, Teil eines Kunstprojektes zu sein.

 

Altenheim Oberhausen

Dauer: 65 Minuten

1999

Fotografie: Anette Hülshoff


Der Versuch die Gottesanbeterin zu missionieren, 2000

Marie-Luise

Ich sitze am Brunnen. Neben mir eine Anhäufung von Rindenmulch, auf dem die Gottesanbeterin sitzt. Vor mir eine Schüssel, eine Bürste,  ein Stück Seife, weiße, gebügelte Handtücher. Ich biete den Passanten an, sich von mir die Füße mit dem Brunnenwasser waschen zu lassen. 18 Personen nehmen von der Fußwaschung Gebrauch.

 

Johanna

Sie steht, ein Kreuz haltend, am Rand des Brunnens. Sie ist still. Mit den christlichen Symbolen des Kreuzes und der Fußwaschung wird versucht, der Gottesanbeterin eine Bekehrung zu teil werden zu lassen, sodass sie nach ihrem nächsten Akt ihren Liebsten nicht frisst. Wobei der Versuch, ihre Natur zu missionieren, wohl vergeblich bleiben wird. Diese Performance ist ein Beitrag zum Christenbild und dessen Missionierungsversuchen.

 

Friedensplatz, Oberhausen

Dauer: vormittags 2 Stunden, abends 2 Stunden

2000

 

Fotos: Privat


Dem Strukturwandel steht das Wasser bis zum Hals - Kohle waschen, 2004

Marie-Luise O´Byrne-Brandl, Kohle waschen 2004, Foto: Charly Kanzen
Foto: Charly Kanzen

Marie-Luise

Ich sitze, bei laufendem Freibadbetrieb, in einem dem Schwimmbecken vorgelagerten Reinigungsbecken. Mit mir ein Hocker, eine Bürste und die Menge von zehn Säcken Kohle. Schweigend bürste ich jedes Stück Kohle einzeln. Mir begegnet auf der Kohle der Schweiß der Männer, die die Kohle gefördert haben.

 

Ich empfinde Nähe zu den Bergleuten.

 

Knappenchor

Die Männer, die alle Bergleute sind oder waren, stehen am Beckenrand und singen Bergmannslieder.

 

Freibad Alsbachtal Oberhausen

Dauer: 120 Min

2004


Hommage an die Menschlichkeit, 2006

In den Tagen vor der Performance hatte ich mit anderen Künstlern ein Dschungelcamp auf dem Saporoshje-Platz errichtet.

Ich baute mit dem Bildhauer Kuno Lange im Vorfeld aus Baumstämmen ein 2,30 Meter hohes Kreuz. Ich stelle zahlreiche Notfallliegen, die ich beim Technischen Hilfsdienst geliehen habe, auf.

 

Marie-Luise

In Schwarz gekleidet, trage ich das schwere Holzkreuz über den Saporoshje-Platz. Der Platz liegt in der Stadtmitte. Ich laufe wieder und wieder um die Notfallliegen herum, die eine lange Reihe bilden. Nach 60 Minuten stelle ich mich mit meinem Kreuz ans Kopfende der Notfallliegen. Ich stehe weitere 20 Minuten stillschweigend neben dem aufgestellten Kreuz. Mein Blick geht in Richtung Dschungelcamp. Hinter mir das Gebäude der Deutschen Bank. Es gibt in dieser Welt Not und Elend, Unheil und Unrecht. Ich leide daran.

 

Saporoshje-Platz, Oberhausen

Dauer: 80 Minuten

2006


Thrombosestrümpfe treten aus dem Schatten, 2007

Marie-Luise

Ich stehe in einer Holzschale im Türeingang zum Ausstellungsraum des Museums. Der Blick auf meinen Schlüpfer und meine weißen Thrombosestrümpfe ist freigelegt. Die Menschen, die in die Ausstellung möchten, müssen sich durch den Türspalt, der neben mir geblieben ist, hindurchzwängen. Manche Menschen sind mir zugewandt, andere wenden sich ab

 

Lisa

Lisa spielt Querflöte. Die Querflötenlehrerin Lisa Klarhold spielt Variationen aus ihrem Repertoire.

 

Panoramagalerie, Ludwiggalerie Schloss Oberhausen

Dauer: 2 Stunden

2007

 

Fotos: Charly Kanzen


Beichte Paradox, 2008

Performance mit namentlich unbekannter engelsgleicher Schönen

 

Marie-Luise

Ich habe zwei frisch bezogene Kopfkissen und Oberbetten an die Kirchenwand hinter mir, nahe dem Kreuz, genagelt. Ich sitze auf einem Stuhl neben dem Altar, der Gemeinde zugewandt, der Stuhl für die Beichtenden zeigt in Richtung Kreuz und Bettwäsche. Die Menschen, die sich zu mir setzen, bitte ich, mir drei Wörter aus ihren erotischen Phantasien zu sagen, mit Hilfe derer ich ihre Beichte formulieren und ihnen zuflüstern werde. Jedem Einzelnen biete ich an, aufzustehen, falls ihm das Angebot nicht gefällt. Ein sehr junger Mann macht von diesem Angebot Gebrauch. Begegnet sind mir in einer Ansage: „Ektase“, „Haifisch“, „Treppenhaus“. Ohne eine Bedenkzeit zu benötigen, formuliere ich auch diese Beichte. Ein Herr sagt mir, dass er sofort seine Frau holen müsse, damit ich auch ihr ihre Beichte Paradox zuflüstern kann. Ein weiterer Mann, der wie eine Frau gekleidet ist, bedankt sich mit Tränen in den Augen. Am Ende der Performance fühle ich mich körperlich völlig erschöpft.

 

Das multipel Paradoxe ergibt sich aus der Tatsache meines weiblichen Geschlechts, aus der Möglichkeit, das Beichtangebot abzulehnen, aus der demonstrativen Öffentlichkeit der Beichte und aus der Umkehr des Beichtverhältnisses.

 

Unbekannte engelsgleiche Schöne

Eine Dame, deren blondes Haar so lang ist, dass es den Boden der Kirche berührt, steht im bodenlangen, weißen Gewand nur wenige Schritte vom Ort der Paradoxen Beichten entfernt. Sie läuft ab und zu einige Schritte durch die Kirche, aber nie entfernt sie sich weit von der Beichtsituation. Sie vermittelt medialen himmlischen Beistand.
 

Markus Kirche Oberhausen

Paradoxe Beichten: 101

Dauer: 6,5 Stunden

2008

 

Fotos: Annette Hülshoff


Du sollst nicht schmachten - Keine Post für Diktatoren, 2011

Performance Du sollst nicht schmachten, Marie-Luise O´Byrne-Brandl

 

Marie-Luise

Ich komme im sakralen weißen Gewand in den Ausstellungsraum. Mein Performancegrund ist mit gestärkten, fast weißen, Tüchern ausgelegt. Vor mir und dem Publikum steht der von mir aufgebaute Altar. Unter Tüchern hole ich mehrere Schüsseln, die voll mit Schokoladen- und Vanillepudding sind, hervor. Ich gieße diese dickflüssigen Lebensmittel genussvoll direkt in gelbe Postpakete. Ich zelebriere das Umfüllen feierlich. Wie ein Priester eine Monstranz den Gläubigen zeigt, biete ich meine Schokoladenpuddingschüssel den Zuschauern dar. Mit Klebeband verschließe ich meine Puddingpakete.

 

Mit Filzstift schreibe ich Post für die 3. Welt auf jedes einzelne Paket. Ich versehe jedes Paket mit einer Briefmarke. Aus manchen Paketen trieft, als ich sie auf ein Performancetuch lege, dass ich beim Abtransport mit den Paketen darauf, hinter mir herziehe, schon etwas Pudding heraus. Ich verlasse das Museum. Die Pakete bringe ich am nächsten Tag zum Postamt. Die Pakete werden nicht angenommen.

 

Panoramagalerie, Ludwiggalerie Schloss Oberhausen

Dauer: 45 Minuten

2011

 

Foto: Charly Kanzen


Housework inside out upside down, 2012

Für die Ausstellung At Home, Wohnen im Ruhrgebiet, kreiere ich diese Performance.

 

Marie-Luise

Ich setze mich an den Tisch, hole feierlich unter einer gestärkten und gemangelten weißen Stoffserviette eine Nadel, rotes Nähgarn und einen Knopf aus einem hübschen Kästchen hervor. Dann nähe ich entschleunigt den roten Knopf an die Scheibe Brot, die vor mir auf dem Service liegt. Dann nehme ich einen Stein, führe ihn zum Mund, beiße in den Stein und sage: „Und essen muss ich einen Stein“. Ein Hortensienblütenblatt nähe ich an einen Text von Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770- 1831). An den Text mit dem Titel „ Bildung und Arbeit schaffen vernünftige Verhältnisse“. Anschließend hebe ich das Oberbett des frisch bezogenen Bettes neben mir hoch und werfe das Geschirr, das zuvor auf dem Tisch gestanden hat, scheppernd ins Bett. Das Oberbett ziehe ich wieder in seine Ursprungsform, alles sieht aus, als sei das Bett unberührt. Nun stanze ich mit dem Locher jeweils zwei Löcher in weiße Baumwollschlüpfer, um sie anschließend in einem Aktenordner abzuheften. Nun spüre ich ein großes Mitgefühl mit verwirrten, einsamen Menschen.

 

Ludwiggalerie Schloss Oberhausen

Dauer: 35 Minuten

2012

 

Foto 1: Privat, Foto 2: Charly Kanzen


Gedächtniskulturen bedauern - Stammbaum verbindet, 2013

Performance mit Angela

Diese Performance inszeniere ich in Gedenken an meine Vorfahrin Johanna Sebus aus dem niederrheinischen Brienen (heute Kleve), die bei dem Deichbruch im Januar 1809 zunächst ihre Mutter aus den Fluten rettete und anschließend bei dem Versuch, ihre Nachbarin und deren Kinder zu retten, ums Leben kam. Als man sie davon abhalten wollte, wieder in die Fluten zu steigen, soll sie geantwortet haben „Um Menschenleben zu retten, lässt sich etwas wagen!“. Literarischen Nachruhm bescherte ihr Johann Wolfgang von Goethe mit seiner Ballade „Johanna Sebus“ (1809). Der Generaldirektor des Musées Napoléon Paris Dominique Vivant-Denon (1747 – 1825) wurde mit dem Entwurf des Denkmals für sie beauftragt. Das Denkmal steht heute am Niederrhein. Ich bat die Schauspielerin Angela Noack Zwick im Vorfeld, die Ballade auswendig zu lernen und expressiv vorzutragen.

 

Ballade "Johanna Sebus"

 

Zum Andenken der siebzehnjährigen Schönen, Guten aus dem Dorfe Brienen, die am 13. Januar 1809 bei dem Eisgang des Rheins und dem großen Bruche des Dammes von Cleverham Hilfe reichend unterging.

 

Der Damm zerreißt, das Feld erbraust,

Die Fluten spülen, die Fläche saust.

"Ich trage dich, Mutter, durch die Flut,

Noch reicht sie nicht hoch, ich wate gut." –

"Auch uns bedenke, bedrängt wie wir sind,

Die Hausgenossin, drei arme Kind!

Die schwache Frau! . . . Du gehst davon!" –

Sie trägt die Mutter durch das Wasser schon.

"Zum Bühle da rettet euch! Harret derweil;

Gleich kehr' ich zurück, uns allen ist Heil.

Zum Bühl ists noch trocken und wenige Schritt;

Doch nehmt auch mir meine Ziege mit!"

 

Der Damm zerschmilzt, das Feld erbraust,

Die Fluten wühlen, die Fläche saust.

Sie setzt die Mutter auf sichres Land,

Schön Suschen, gleich wieder zur Flut gewandt.

"Wohin? Wohin? Die Breite schwoll,

Des Wassers ist hüben und drüben voll.

Verwegen ins Tiefe willst du hinein!" –

"Sie sollen und müssen gerettet sein!"

 

Der Damm verschwindet, die Welle braust,

Eine Meereswoge, sie schwankt und saust.

Schön Suschen schreitet gewohnten Steg,

Umströmt auch, gleitet sie nicht vom Weg,

Erreicht den Bühl und die Nachbarin;

Doch der und den Kindern kein Gewinn!

 

Der Damm verschwand, ein Meer erbraust's,

Den kleinen Hügel im Kreis umsaust's.

Da gähnet und wirbelt der schäumende Schlund

Und ziehet die Frau mit den Kindern zu Grund;

Das Horn der Ziege fasst das ein',

So sollten sie alle verloren sein!

Schön Suschen steht noch strack und gut:

Wer rettet das junge, das edelste Blut!

Schön Suschen steht noch wie ein Stern;

Doch alle Werber sind alle fern.

Rings um sie her ist Wasserbahn,

Kein Schifflein schwimmet zu ihr heran.

Noch einmal blickt sie zum Himmel hinauf,

Dann nehmen die schmeichelnden Fluten sie auf.

 

Kein Damm, kein Feld! Nur hier und dort

Bezeichnet ein Baum, ein Turn den Ort.

Bedeckt ist alles mit Wasserschwall;

Doch Suschens Bild schwebt überall. –

Das Wasser sinkt, das Land erscheint,

Und überall wird schön Suschen beweint. –

Und dem sei, wer's nicht singt und sagt,

Im Leben und Tod nicht nachgefragt!

 

Johann Wolfgang von Goethe

(Mai 1809)

 

 

Marie-Luise

Zunächst gieße ich schwungvoll Wasser aus 10 Eimern in ein Wasserbecken und vernähe dann eine weiße Rosenblüte mit schwarzem Garn. Anschließend setze ich mich an einen Tisch zur Signierstunde, ich unterschreibe Exemplare der Ballade „Johanna Sebus“ von Johann Wolfgang von Goethe mit meinem Namen. Dann verlasse ich den Raum.

 

Angela

Die Schauspielerin Angela Noack Zwick trägt die Goethe Ballade „Johanna Sebus“ eindrucksvoll vor. Dabei steht sie dicht am Beckenrand und bekommt vom Schwall des Wassers ab. Anschließend steht sie bei mir am Signierpult und reicht mir die Blätter mit der Ballade darauf, zur jeweiligen Signatur an. Sie verlässt den Raum mit mir.

 

Panoramagalerie, Ludwiggalerie Schloss Oberhausen

Dauer: 45 Minuten

2013

Von mir signierte Johanna Sebus Balladen: 44


In der Kinderstube der Familie Beuys, 2016

Marie-Luise

Ich komme auf die Bühne und trage die Rolle Filz wie einen Säugling im Arm. Ich bügel den Filz, versuche ihn zu glätten, gesellschaftskonform zu bekommen, dann creme ich den Filz mit dem Inhalt von 8 Dosen Nivea Creme ein, bis das Kind Filz und ich völlig voll sind mit Fett. Dann lege ich den Filz ins frisch bezogene Bett. Forme dem Filz mit 3 Handgriffen ein Gesicht. Ich sehe eine Zuschauerin in der ersten Reihe, die weint. Ich spüre mich als Wirkung und Wirkende.

 

Peter

Peter Waros, Schauspieler, sitzt in einem abgewandelten Outfit des Joseph Beuys, aus dessen Performance „Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt“ (Nov. 1965), seitlich vor dem Bügelbrett. Er hält ein Schaf, dessen Kopf und Beine hölzern sind und das einen wollenen Leib hat, auf seinen Knien und streichelt es. Er sagt einige Male „Es war einmal eine Frau gewesen, die konnte ihre Fürsorge nicht bei sich halten“. Anschließend setzt er sich zum Filz aufs Bett und singt ihm mehrere Male das Schlaflied „Schlaf Kindlein schlaf, der Vater hüt‘ die Schaf“. Dabei hält er meine Hand. Wir verlassen die Bühne gemeinsam.

 

Theater Oberhausen

Dauer: 45 Minuten

2016

Videoaufzeichnung

 

Fotos: Charly Kanzen


Amouröse Stadtschreiberin, 2016/2017/2018/2019

Diese Performance ist eine Intervention, die ich bei ihrer Erstaufführung für das Actopolis Projekt, für Urbane Künste Ruhr, das Goethe Institut, das Theater Oberhausen und die Künstlergruppe geheimagentur, zuerst auf dem Bahnhofsvorplatz Oberhausen gezeigt habe. Diese Performance und "Die blaue Blume unterm Kanalhimmel" sind Performances, die ich, da sie sich perfekt dazu eignen, mehrfach aufführe.

 

Marie-Luise

Ich sitze an meinem Schreibtisch, neben mir ein leerer Stuhl. Ich warte auf Kundschaft. Sobald sich jemand zu mir setzt, finde ich im kurzen Einzelgespräch heraus, was den Empfänger meiner Liebesbriefauftraggeberin ausmacht. Dann schreibe ich zügig den individuellen Liebesbrief, lege Rosenblütenblätter mit in den Umschlag und verschließe ihn. Danach übergebe ich ihn zur freien Verfügung.

 

Link zu Facebook-Video von WDR Lokalzeit Ruhr:

https://www.facebook.com/wdrlokalzeitruhr/videos/267782153870300/

 

Link zum Radiobericht:

https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr5/wdr5-westblick-aktuell/audio-liebesbriefe-wie-zu-romeo-und-julias-zeiten-100.html

 

Bahnhofsvorplatz Oberhausen

Dauer: 3 Stunden

Liebesbriefe: 28

06.09.2016

 

Burg Vondern Oberhausen (2x)

Dauer: 2 Stunden / 1 Stunde

Liebesbriefe: 20 / 8

16.10.2016 / 02.11.2016

 

LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen

zur Ausstellungseröffnung von Let´s buy it! Kunst und Einkauf -
Von Albrecht Dürer über Andy Warhol bis Gerhard Richter

Dauer: 2,5 Stunden

Liebesbriefe: 53

21.01.2017

 

Ev. Christuskirche Oberhausen

Dauer: 2,5 Std.

Liebesbriefe: 18

2017

 

Foto 1: Privat, Fotos 2 und 4: Heinrich Voss, Foto 3: Charly Kanzen

Bild im Hintergrund (Foto 2 und 4): Empfindung außerhalb des Körpers, Acryl auf Leinwand, 160 x 200cm, 2000/2016, Marie-Luise O‘ Byrne -Brandl

Video: Olaf Isselhorst


Klerikale Modenschau, 2017

Nach der Reformation fliehen die Nonne Katharina von Bora und weitere acht Nonnen 1523 aus dem Zisterzienserinnenkloster Nimbschen. Luther heiratet Katharina am 27. Juni 1525. Gemeinsam werden sie sechs Kinder haben. Das 500. Reformationsjubiläum habe ich zum Anlass genommen, eine schwangere katholische Ordensfrau in meiner Klerikalen Modenschau zu zeigen. Als Pendant tritt ein Mann im Herrenanzug mit Hemd und Krawatte und gebundenem Frauenkopftuch auf. So wird der individuellen Gewissensfreiheit, der befreiten Lebensführung im Widerstreit zum verordneten Befolgen heiliger Schriften Gestalt verliehen. In dieser Performance bitten meine Mitspieler um eine genaue Regieweisung für den Ablauf der Performance. Ich lasse sie zwei Stunden vor der Performance den Catwalk laufen. Sie kennen die genaue Reihenfolge des Ablaufs, sie wissen, welche Musik sie begleitet, was sie anzuziehen haben, liegt für sie bereit. Welche Handlung sie ggf. zu absolvieren haben, ist ihnen bekannt. Meine eigene Performance-Rolle ist hingegen situativ offen und spontan. Ich probe meinen Teil der Performance natürlich nicht. Bei Fernsehübertragungen von Papstbesuchen ist eine extreme Bewachungsmaschinerie zu beobachten. Deswegen folgt den Musikeinspielungen nach jedem Walk jeweils Hubschraubergeräusch, um der Wahrnehmung eine mentale Schärfe zu verleihen.

 

Marie-Luise

Die Dornenkrone, die ich trage, ist ein Zeichen gegen erstarrte Rollendoktrin. In dem Augenblick, in dem Model Katharina in indianischem Federschmuck den Museumsraum betritt, verletzte ich mich selbst mittels einer Nadel, die ich in meine Fingerkuppen steche. Die austretenden Blutstropfen tupfe ich mir gut sichtbar auf meine Wangen. Das steht für das Leid der indigenen Völker, das ihnen durch Kolonisierung zugefügt wurde und wird. Zugleich ist es ein Verweis auf Christi Leiden. Während der Selbstverletzungshandlung nimmt die klerikale Modenschau auf dem Catwalk ihren Lauf. Das Leiden zeige ich als sakramentale Substanz und nicht als masochistischen Akt. Nach der letzten Läuferin, die die Braut ist, verlasse auch ich die Panoramagalerie.

 

Gerd

Gerd Posny, Tonmeister, hat die musikalische Leitung

 

Klaus

Der Schauspieler Klaus Zwick läuft und performt dreimal.

1.Als Messdiener, der feierlich und passionsartig ein Kreuz trägt.

2.Als beschwipster Hochwürden in der Festtagssoutane mit roter Clownsnase. Wir umarmen uns herzlich auf dem Laufsteg.

3.Schließlich tritt er im Herrenanzug mit Hemd, Krawatte und gebundenem Frauenkopftuch auf.

 

Angela

Die Schauspielerin Angela Noack Zwick läuft mit Babybauch im Nonnengewand mit Haube auf Rollschuhen. Sie ruft: „Sehnsucht nach Mutterschaft.“ Als Letzte in der klerikalen Modenschau ist sie in ein weltliches Hochzeitskleid mit Schleier gehüllt zu sehen. Sie trägt einen Brautstrauß aus dunkelroten Rosen.

 

Fransziska und Rosalie

Die beiden dreizehnjährigen Mädchen sind als Engel zum Ave Maria von Gonot auf dem Catwalk zu sehen. Beide tragen eine brennende Kerze. Als sie einander auf dem Laufsteg begegnen, machen sie voreinander einen Knicks.

 

Katharina und Johanna

Katharina läuft in schwarzer Kutte mit prächtigem Indianerkopfschmuck zur Musik von Ima Sumak. Später sieht man sie in einer Burka (Vollverschleierung) über den Catwalk gehen. Johanna läuft, ein jüdisches Mädchen darstellend, neben ihr. Johanna trägt einen schwarzen Hut, an dessen Seiten zwei Haarsträhnen zu locker fallenden Schläfenlocken gedreht sind. Ich nehme mir die Freiheit, sie so zu behüten. Die Muslima und das jüdische Mädchen laufen friedlich Hand in Hand.

 

Leo

Er tritt in zwei unterschiedlichen Mönchskutten auf. In der braunen Kutte trägt er einen Holzengel mit sich. In der schwarzen Kutte trägt er die Schleppe des Papstgewandes.

 

David

Seinen ersten Auftritt hat er im purpurroten Kardinalsgewand. Später erscheint er in weißer Papstrobe mit langer Schleppe. Beide Male ist er barfüßig.

 

LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen, Panoramagalerie

Dauer: 28 Minuten

2017

Fotos: Charly Kanzen und Privat

In der Panoramagalerie der LUDWIGGALERIE wird zum Zeitpunkt dieser Performance die Ausstellung Shop! Wie es uns gefällt des Arbeitskreises Oberhausener Künstler gezeigt.
Einige Werke dieser Ausstellung sind auf den Fotos zu sehen.


Die blaue Blume unterm Kanalhimmel, 2017

Liebesbriefe an die Stadt
 
Nach dem Auszug des Kreativquartiers „Post-eins“ ziehen wieder Künstler und Aktivisten in die Alte Post, Oberhausen ein. Allerdings nur vorübergehend. Dies ist die Abschlussdokumentation in Form einer Ausstellung zu  „Actopolis │ Die Kunst zu handeln“.
„ACTOPOLIS│Die Kunst zu handeln“ ist ein auf drei Jahre angelegtes, transnationales Projekt des Goethe-Instituts und von Urbane Künste Ruhr.  Es beschäftigt sich mit der aktuellen Situation und der Zukunft des urbanen Lebens in den Ballungsräumen in Südosteuropa sowie dem Ruhrgebiet.
Am Eröffnungswochenende sind Kuratoren und Künstler aus Südosteuropa und die geheimagentur aus Hamburg nach Oberhausen gekommen und stellen ihre Arbeiten, Interventionen und Perspektiven zum Themenkreis Stadt /  Stadtentwicklung und Kunst vor. 
Meine Performance ist eine Intervention im Rahmen der Ausstellung.

 

Marie-Luise
Ich sitze an meinem Tisch und biete den Besuchern/Besucherinnen im Einzelgespräch an zu formulieren, was sie an Oberhausen mögen, erkläre (ebenso) den Ablauf unseres gemeinsamen Teils dieser Performance. Ich frage sie nach ihrem Lieblingsort in der Stadt oder, ob sie sich Oberhausen gar als einen himmlischen Ort vorstellen können. Ich sage: „Es ist leicht zu kritisieren, ich bitte Sie, dass Schöne in der Stadt zu benennen und zu loben“.
Ich schreibe einen individuellen Liebesbrief an die Stadt über das Verbindende, das Geliebte, das Lebendige in der Stadt. Die Briefe werden zügig und kurz geschrieben. Nach dem ich mit meinem Besucher/meiner Besucherin gesprochen habe, bitte ich sie zu würfeln. Die Menschen, die die Zahl 6 oder eine 1 würfeln, bekommen ihren Brief von mir mit verbundenen Augen geschrieben. Nun schreibe ich den Brief, über die Stadt blind. In der Stadt kann Unerwartetes geschehen, aus diesem Grund würfelt meine Besucherin. Der Zufall entscheidet über die Art des Briefeschreibens. Die Briefe werden archiviert. Ich schreibe mit blauem Durchschlagpapier.

Bewusstseinsveränderung ist nur durch neue Erfahrungen möglich. Ich habe vor dieser Performance noch nie mit verbundenen Augen geschrieben.

Sobald der ganz individuelle Stadtbrief von mir geschrieben ist, entferne ich die Augenbinde. Nun übergebe ich den Stadtbrief. Außerdem verschenke ich eine blaue Blume an mein Gegenüber. Eine Kopie eines jeden Briefes übergebe ich nach der Performance zur Archivierung an die Projektleiterin des Actopolis Projektes. Sie stellt sie augenblicklich in der Ausstellung in der Alten Post aus.

Die blaue Blume macht das Unmögliche möglich. Sie ist das Symbol der Romantik. Ein Symbol, das alles Trennende, wie z.B. Traum-Wirklichkeit, Leben und Tod einigt. Die Frühromantik hat die blaue Blume nicht als etwas formuliert, was man finden kann, sondern was man immerwährend suchen muss. Die blaue Blume macht das Unmögliche machbar, das, was reflektiert werden kann, ist noch einmal zu reflektieren. Aus diesem Grund heißt meine partizipative Performance „Die blaue Blume unterm Kanalhimmel“. Mein lyrisches Wesen mit seiner Nähe zu Wehmut, Trauer und Demut wurzelt in der Deutschen Romantik. Man könnte sagen, dass sich in der blauen Blume nicht nur Natur, Mensch und Geist verbinden, sie symbolisiert das Streben nach der Erkenntnis des Selbst, dem eigentlichen Ziel der Romantik.

Alte Post Oberhausen, Poststraße 1a
Dauer: je 2 Stunden

2017

19.3.2017:
11 Briefe mit verbunden Augen geschrieben
2 Briefe sehend geschrieben

25.3.2017
8 Briefe mit verbunden Augen geschrieben

1.4.2017
5 Briefe mit verbunden Augen geschrieben
2 Briefe sehend geschrieben

2.4.2017
8 Briefe mit verbunden Augen geschrieben
2 Briefe sehend geschrieben

Fotos:  Rainer Schlautmann


Entschleunigte Genauigkeit, 2017

Marie-Luise

Ich betrete das Museum in einem sakralen Gewand. Mein Haar ist lang und in phantasievoll frisierte Strähnen aufgeteilt – der vordere Teil des Kopfes verbleibt in meiner kinnlangen Ursprungsfrisur. Ich setze mich an einen Tisch, an dem ein Rahmen befestigt ist. Meine Haare werden an den Rahmen gebunden. Sobald ich fixiert bin, kümmere ich mich um die Erbsen. Die Erbsen stehen hier auch für Samen. Ich beginne die Erbsen langsam und und leise zu zählen. Das alles geschieht in ruhiger Gelassenheit. Gegen Ende werfe ich unkontrolliert und geschwind die Erbsen, die ich einkaufen möchte in meinen Einkaufswagen. Erbsen fallen durch das Gitter des Einkaufswagens. Mein Haar wird schließlich mit einer Schere vom Rahmen losgeschnitten. Ich verlasse das Museum mit meinem Einkaufswagen und derangiertem Kopf.

Das meditative Zählen ist ganz gegensätzlich zum entschlossenen hektischen Einkauf. Das deutet darauf hin, dass es nicht nur ein materialistisches Wachstum geben wird. Mein Handeln soll zeigen, dass die geistig-kulturelle Dimension unseres Lebens auf unserer Mutter Erde wachsen will und kann. An den Rahmen gebunden zu sein, beweist ganz gegenständlich, wie ich als Performerin physisch präsenter Bestandteil meines Werkes bin. Das Wiederholende, aber auch das Zweigeteilte, will ich zeigen.

 

Es stehen sich visuell dargestellt zwei Redewendungen gegenüber.

Es sind:

„Du Erbsenzählerin“

„Mir stehen die Haare zu Berge“

 

Ebenso ist die Schere zweiteilig. Sie ist eine langbeinige Erscheinung, aber auch eine gefährlich Verlängerung der Finger, die mit ihren zwei Schnittflächen alles in Zwei teilen kann. Nach der Performance werde ich gefragt, warum ich bei der Erbsenzählung von 1 – 100 die Zahl 77 nicht ausgesprochen habe.

 

Meine Antwort:

Die Doppelung dieser mystisch aufgeladenen Zahl – der 7 kommt ja in der christlichen, wie auch in anderen Religionen, in der Psychologie, beim Glücksspiel etc. eine besondere Bedeutung zu – hat wegen ihrer mächtigen magischen Wertigkeit ihre Nichtnennung bei der Aufzählung unterbewusst veranlasst.

 

Angela

Zu Beginn bindet mich die Schauspielerin Angela Noack Zwick mit meinen Haaren an den Rahmen. Jede Zahl, die ich beim Erbsenzählen spreche, wiederholt sie gut hörbar. Am Ende der Performance schneidet sie mich aus meiner Umrahmung heraus, in dem sie die Haarenden mit einer Schere durchtrennt. Ebenso wie das meditative Zählen und das hektische Einkaufen divergent sind, so ist es auch Angelas Handeln, das behutsame langsame Binden an den Rahmen und das hektische Losschneiden.

 

LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen

Dauer: 20 Minuten

2017

Videoaufzeichnung

Fotos:  Privat

In der LUDWIGGALERIE wird zum Zeitpunkt dieser Performance die Ausstellung Let‘s buy it! Kunst und Einkauf von Albrecht Dürer über Andy Warhol bis Gerhard Richter gezeigt.
Einige Werke dieser Ausstellung sind auf den Fotos zu sehen. Mein Tisch steht vor dem Bild Mutter und Tochter, 180 x 110 cm, Öl auf Leinwand, 1965 von Gerhard Richter.


Lebenszeit, 2017

Für die Vernissage der Ausstellung „Meine Zeit“ kreiere ich diese Performance und drehe im Vorfeld den Film Interview mit einer 100 jährigen im Altenheim. Kamera Jochen Schweizer.

 

Im Ausstellungsraum stehen für mich und meine Mitspielerinnen ein Postament mit Monitor, über den raumfüllend das Interview mit der 100 jährigen Hermine Karl läuft. Es ist ein halbstündiger Zusammenschnitt aus dem Interview. Daneben steht ein Tisch mit Aktenordnern und Lochern. Die Aktenordner tragen die Aufschriften: Kindheit, Krieg, Mitte des Lebens und Alter. Auf dem zweiten Tisch steht eine Zinkwanne. Vor den Tischen und dem Postament mit Monitor liegen gemangelte Leinentücher mit drei Kissen, auf denen die Kinder später Platz nehmen.

 

In einer Prozession mit Fanfare kommen meine Mitspielerinnen in den Raum. Psychisch und handelnd durchleben wir Passagen aus Hermines 100 jährigem Leben.

 

Marie-Luise

Ich binde über mein sakrales Gewand eine große weiße Schürze, gieße Wasser und reichlich Waschpulver in die Zinkwanne und beginne meine Wäsche zu waschen. Da Hermine in der Mitte ihres Lebens eine Wäscherei mit ihrem Mann betrieb, möchte ich waschen.

 

Die Performance findet am 3.12. statt, das ist das Geburtsdatum des längst verstorbenen Ehemannes der 100 jährigen. Ein aus Pappkarton zugeschnittenes Kinderhemdchen, mit der Aufschrift: In der Stunde unserer Geburt sind wir alt genug zu sterben, ist das zweite Teil, das ich wasche. Im Verlauf wasche ich große Baumwollunterhosen, Kompressionsstrümpfe, Kinderhemdchen, nostalgische Unterhosen, eine Bluse, Nylonstrumpfhosen, einen BH, Geschirrtücher , Kopfkissenbezüge und einen Totenschädel.

 

Angela Noack

Sie sitzt am Tisch, gleich neben mir, und locht von mir gewaschene ausgewrungene Wäsche, die ich ihr angebe, auch das Stück Pappkarton in Kinderhemdchenform mit Aufschrift heftet sie ab. Der Totenschädel kommt in den Aktenordner mit der Aufschrift: „Krieg“. Sie sieht streng und konzentriert bei ihrer präzisen Arbeit drein. Sie locht, faltet und legt die Wäsche exakt in Ordnern ab. Das Abheften symbolisiert das Erledigte im Leben von Hermine Karl. Der Aktenordner mit der Aufschrift Alter wird am Ende der Performance nicht abgestellt, wie die übrigen Ordner, sondern gelegt, da die 100 jährige noch lebt und noch nicht ad acta gestellt werden kann und soll.

 

Sahra, 17 Jahre

Sie spielt zum Ein- und Auszug die Fanfare auf der Trompete. Es sind Variationen vom Stück "Lady Bird" von Charlie Parker. Zwischen Anfang und Ende der Performance, symbolisiert sie die Reise, in dem sie mit dem gepackten Trompetenkoffer durch die Zuschauer und über den Performancegrund läuft.

 

Anna, 13 Jahre

Sie bindet Blumensträuße.

 

Rosalie, 13 Jahre

Da Hermine als junge Frau Weißnäherin war, näht und stopft Rosalie einen nostalgischen Kissenbezug eines Paradekissens.

 

Camille, 7 Jahre

Sie schält Möhren und schneidet sie in kleine Stücke, da Hermine die Möhren aus ihrem eigenen Garten immer besonders gerne gegessen hat und sie so ihren Hunger auch in schlechten Zeiten häufig stillen konnten.

 

Forum für Kunst und Architektur, Essen

Dauer: 33 Minuten

2017

 

Videoaufzeichnung

Malerei im Hintergrund aus der Ausstellung „Meine Zeit“ des ruhrländischen Künstlerbundes, 3.12.2017 – 6.1.2018

Fotograf Heinz Brandl


Klerikale Modenschau II, 2018

In der Klerikalen Modenschau vom 18.01.2018 im Theater Oberhausen wurde die individuelle Gewissensfreiheit der befreiten Lebensführung im Widerstreit zum Befolgen heiliger Schriften thematisiert.

 

Marie-Luise

Die Dornenkrone, die ich trage, ist ein Zeichen gegen erstarrte Rollendoktrin. In dem Augenblick, in dem Model Katharina in indianischem Federschmuck den Laufsteg betritt, verletzte ich mich selbst mittels einer Nadel, die ich in meine Fingerkuppen steche. Die austretenden Blutstropfen tupfe ich mir gut sichtbar auf meine Wangen. Das steht für das Leid der indigenen Völker, das ihnen durch Kolonisierung zugefügt wurde und wird. Zugleich ist es ein Verweis auf Christi Leiden. Während der Selbstverletzungshandlung nimmt die klerikale Modenschau auf dem Catwalk ihren Lauf. Das Leiden zeige ich als sakramentale Substanz und nicht als masochistischen Akt.

 

Theater Oberhausen

2018


Blüten waschen - Die Zärte der Vergänglichkeit, 2018

Marie-Luise

Ich sitze in einem Berg von Blüten und wasche sie. Die Blüten stehen für etwas Schönes und etwas Hässliches. Die Schönheit und Frische der Blüten betrügt uns, verschleiert deren Vergänglichkeit. Außerdem sind sie in unserem Sprachgebrauch ein Synonym für Falschgeld. Am Ende der Performance verteile ich Briefumschläge mit den gewaschenen und gestempelten Blüten an die Zuschauer.

 

Angela Noack

Sie hat vor sich den Paginierstempel . Jede gewaschene Blüte erhält eine fortlaufende Ziffer als Wasserzeichen. Sie füllt gewaschene Blüten in von Marie-Luise beschriftete und signierte Umschläge.

 

Norbert Hotz

Auf dem Kontrabass interagiert er mit uns Frauen.

 

WBI Oberhausen

Dauer: 25 Min.

2018


Kniefall vor der Performancekunst, im Einverständnis mit Marina Abramović,  2018

Marie-Luise

Ich komme in die Bundeskunsthalle, um die Ausstellung „The Cleaner, die große europäische Marina Abramović
Retrospektive“ zu besuchen. In der Eingangshalle hängt in Übergröße das Artist Portrait with Candle ©, das Marina Abramović mit einer brennenden Kerze unter ihrem Finger zeigt. Ich klettere auf einen Tisch und begebe mich auf meine Knie. Ich verharre andächtig für eine Weile.

 

Marina

Marina Abramović ist eine der meistdiskutierten internationalen zeitgenössischen Künstlerinnen. Ihr Werk ist beeindruckend, einzigartig und weltberühmt. Sie erteilt mir „the permission to exhibit Abramović‘s Artist Portrait with Candle ©, as seen in the image above“.

 

Bundeskunsthalle, Bonn

Dauer: 15 Minuten

2018

Foto "Artist Portrait with Candle©": Copyright by VG Bild-Kunst, Bonn, 2018 - Jede weitere Nutzung durch Dritte muss bei der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst angefragt und lizenziert werden.

Fotograf "Kniefall": Heinz Brandl


Amouröse Stadtschreiberin in der Pandemie in Zusammenarbeit mit der überregionalen Kulturredaktion der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ), 2020

Als Transformation der Sehnsucht vom Digitalen ins Analoge. WAZ Leser*innen schickten ihre Anliegen per E- Mail, die amouröse Stadtschreiberin erfüllte die Liebesbriefwünsche, mit Tinte und Feder, postalisch.

 

postalisch, Oberhausen

2020


Fabeltier, 2021

Im September 2021 in der Pandemie zeigte ich im Sterkrader Wald die Performance Fabeltier.

 

Für den geplanten Autobahnausbau der A3 in Höhe Oberhausen Sterkrade und Schmachtendorf sollen 5000 Bäume gefällt werden. Menschenleben, Tierleben und das Leben gesunder Bäume scheinen den Verantwortlichen egal zu sein.

 

Zum Inhalt und Ablauf der Performance:

Das Fabeltier und ich saßen in unserem Gehege, mitten im Wald, unter wundervollen Baumkronen. Ich gab dem Fabeltier vom Wasserdost, einer heimischen Pflanze, zu fressen und las ihm mehrfach ein Liebesgedicht von Erich Fried vor.

 

Ohne Dich

Nicht nichts

Ohne Dich

Aber nicht dasselbe

 

Nicht nichts

Ohne Dich

aber vielleicht weniger

 

Nicht nichts

Aber weniger

Und weniger

 

Vielleicht nicht nichts

Ohne Dich

Aber nicht mehr viel

 

Während der Performance kam ein Herr an mein Gehege und sagte, dass ich ihn an die Elfenbeauftragte, die der Isländische Staat offiziell beschäftigt, erinnere. Ich sei eine Fabeltierbeauftragte für den Oberhausener Wald, NRW und Deutschland. Und das sei längst überfällig. Mit diesem Wissen über die Isländische Kultur sei diese Performance wahrhaft sinnstiftend.

 

Zur Erklärung :

In Island gibt es eine hochoffizielle Elfenbeauftragte (Erla Stefánsdóttir ),  die für den Staat und somit zum Wohl der Menschen in Island nachsieht, ob eine Straße, dort wo sie geplant ist, gebaut werden kann oder ob diese Straße  einen Bogen um geplanten Ort machen muss. Darf  Fläche versiegelt und zerstört werden, ohne dass eventuell vorhandene Elfenpopulationen und deren Territorien gestört werden? Übersetzt heißt das für mich „Man darf Flächen nicht versiegeln und Bäume nicht fällen, dort wo bedrohte Arten leben.“

Dass die  gesunde, poetische Haltung zur Welt dem Leben der Menschen  gut tut, gehört in Island zur Allgemeinbildung.

„Ihr Auftritt wirkt jahrhundertwendeartig (1900), mythisch und bedeutend.“, konstatierte ein Beobachter an meinem Gehege.

 

Tatsächlich leben bedrohte Arten im Sterkrader Wald in Nordrhein Westfahlen.

 

Fotograf Bild 1: Tobias Szczepanski
Fotograf  Bild 2: Heinz Brandl


Nötige Fabeltiere in Not, 2023

Eine Performance von und mit Marie-Luise O‘Byrne-Brandl zum Thema Arten - und Naturschutz. Im Innenhof der Ludwiggalerie, Schloss Oberhausen und im angrenzenden Kaisergarten.

Fotograf: Heinz Brandl